Kristina Meyer
Designerin
Portrait © Constantin Meyer Photgrafie
Kristina Meyer ist Designerin und hat gemeinsam mit Thorsten Rosenstengel einige Möbel unseres Hauslabels Modal Concept entworfen. Seit 2013 betreibt das kreative Erfolgsduo das Studio byform. Wir sprachen mit ihr über Designtrends, Flexibilität und Teamwork.
EW: Kristina, erzähl uns doch mal wer du bist, was du machst und was dich antreibt.
KM: Seit 2003 lebe ich mit meiner kleinen Familie in Köln und arbeite, wenn nicht gerade Corona Zeiten sind, in meinem Werkstattladen junic in Ehrenfeld. Diese Räumlichkeiten nutze ich mit einer Freundin zusammen als Büro für byform, aber auch als Showroom für eigene Produkte oder außergewöhnliche Objekte, die wir auf Messen entdecken. Daher auch der eigene Name junic. Ehrenfeld ist ein junger und kreativer Stadtteil, an dem es Freude macht zu arbeiten. Das ist es auch, was ich brauche um kreativ sein zu können. Ich liebe es andere Städte und Orte zu bereisen, lass mich dort gerne einfach treiben und von ganz vielen unterschiedlichen Eindrücken inspirieren.
EW: Wann entstand dein Faible für Möbel? Gab es einen Impuls?
KM: Freude an kreativer Arbeit hatte ich schon immer und die Liebe zu Holz habe ich vermutlich von meinem Opa, der Schreiner war. In den Ferien habe ich dort viel Zeit verbracht. Nach dem Abitur war ich dennoch ratlos und bin erst einmal ein Jahr nach Frankreich, habe dort gearbeitet und über meine Zukunft nachgedacht. Ein Designstudium erschien mir damals unerreichbar, aber gerade das hat mich gereizt und siehe da, es hat geklappt. Eine wichtige Erfahrung brachte mir ein Praktikum in San Francisco in einem Industriedesign Büro. Nachdem ich Drucker, Blutzuckermessgeräte, MP3 Player entwarf, wusste ich genau, dass ich mich mehr mit Möbeln, Objekten und Interieur beschäftigen möchte.
EW: Das Design des modularen Boxensystems „Loft“ von Modal Concept stammt aus deiner Feder. Was hat dich dazu inspiriert und wo lagen die Herausforderungen?
KM: Die Entwicklung im Wohnen zeigt schon seit Jahren, dass sich Räume auflösen, Wohnbereiche miteinander verschmelzen und sanfte Übergänge entstehen. Die Küche steht im Wohnraum, Arbeiten findet überall statt und unsere Möbel nutzen wir flexibel und aus der Situation heraus. Ein modulares Regalsystem, welches viel Planungsfreiheiten zulässt, in allen Wohnbereichen zu integrieren ist, war eine schlüssige Antwort auf diese Entwicklung. Nach und nach kamen mehr Features hinzu wie Licht, Elektrifizierung, Schiebetüren, flexibles Zubehör. Eine Herausforderung lag darin, dass man LOFT diese Komplexität nicht ansieht und es filigran und klar bleibt.
EW: Die Wandelbarkeit spielt eine zentrale Rolle bei „Loft“. Warum war dir die Flexibilität bei der Gestaltung wichtig?
KM: Wohnen steht heute für Individualität und der eigene Stil möchte präsentiert werden. LOFT ist wie ein Setzkasten, geschlossene und offene Flächen lassen einen Blick in deinen Lebensstil zu. Das System muss flexibel sein um individuell und frei planen zu können. LOFT wird in vielseitigen Materialkompositionen angeboten, was für ein modulares System unglaublich wichtig ist.
Loft
© Cristian R. Schulz
EW: Die Korpusse als auch die Fronten sind aus Aluminium. Welche Eigenschaften des Materials magst du besonders?
KM: Aluminium fasziniert mich einerseits, weil es leicht und sehr filigran sein kann. Andererseits wirkt Aluminium schnell kühl und technisch. Daher braucht Aluminium immer gute Gegenspieler wie zum Beispiel hochwertige Holzfurniere oder andere Materialien wie Textilien, Keramik, Stein. Mit der richtigen Materialkombination und einer perfekten Wahl der Oberfläche begeistert mich Aluminium am meisten.
EW: Gemeinsam mit Thorsten Rosenstengel führst du seit 2003 das Design Studio byform. Was macht für dich die Zusammenarbeit so wertvoll?
KM: Ich glaube, dass wir uns einfach sehr gut ergänzen. Wir haben uns beide während des Studiums in Kassel kennengerlernt und haben eine gemeinsame Basis, die uns irgendwie verbindet. Für mich ist klar, dass ich ein Teamplayer bin und meine Stärken entfalten sich besser gemeinsam. Ich brauche den Austausch und die Rückkopplung meiner Gedanken. Die meisten Projekte erarbeiten wir gemeinsam und mittlerweile weiß jeder genau wo die Stärken des anderen liegen und das macht uns einfach zu einem guten Team.
EW: Was sind in deinen Augen die zukünftigen Designtrends?
KM: Wenn wir von Trends sprechen, dann interessieren mich mehr die Makro Trends. Übergeordnete Entwicklungen von Design und Gesellschaft werden dabei betrachtet. Und da kommen wir an dem Thema Nachhaltigkeit nicht vorbei. Ich würde mir wünschen, dass wir Nachhaltigkeit nicht nur als Trend und Worthülse verstehen. Das Thema beschäftigt mich sehr und hat längst meinen Alltag beeinflusst. Und wenn ich jetzt die Corona Zeit betrachte, dann gibt sie neben all den Schwierigkeiten auch Kraft und Mut, dass wir aus dieser Zeit einen Nutzen ziehen sollten. Bewusster Entscheidungen treffen, achtsamer miteinander umgehen, öfter mal die Frage stellen, gibt es auch Alternativen zu meinen Lebensgewohnheiten. Dies auch in meiner Arbeit immer zu überprüfen und zu berücksichtigen, ist eine große Herausforderung.
EW: Woran arbeitest du gerade?
KM: Aktuell arbeiten wir an einem offenen Regalsystem für Modal Concept. Während der Möbelmesse haben wir eine Keramikerin aus Bonn kennengelernt, die mithilfe eines besonderen Brennvorganges einzigartige Keramiken herstellen kann. Dieses besondere Material möchten wir mit Modal Produkten in Verbindung bringen. Eine spannende Materialkombination auf jeden Fall!
Im Home Office
© Constantin Meyer Photography
EW: Du zählst 2020 zum Expertengremium des COLORNETWORKS. Die Inspiration des im letzten Jahr entwickelten Farbtons „be rooted“ kam aus der Natur. Wird die Natur Inspirator bleiben, was meinst du?
KM: Ja auf jeden Fall und das würde ich mir auch sehr wünschen. Es wird uns immer bewusster, dass unser Wachstum begrenzt ist und das auch wir unser Verhalten verändern und modellieren müssen. Immer mehr Menschen fordern Produkte, die nachhaltig produziert und aus verantwortungsvollen Materialien hergestellt werden, langlebiger sind in der Ästhetik und im Gebrauch. Das Thema Natur wird daher in vielen Facetten unsere Zukunft begleiten und dies wird sich in Farbgebung, Materialwahl, Interieur, Architektur und Produkten ablesen lassen.
EW: Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
KM: Nicht selten stelle ich auch das was ich tue in Frage. Design folgt oft Trends und dem Antrieb neue Produkte hervorbringen zu müssen, aber gleichzeitig möchten wir die Welt verbessern und weniger konsumieren. Dies steht in einem Widerspruch und beeinflusst auch meinen Stil. Produkte begeistern mich, wenn sie mich überraschen, weil sie ganz neu gedacht sind, neue Materialien oder Fertigungsmethoden verwenden oder clevere, leicht verständliche Details haben. Meine Gestaltung folgt oft einer reduzierten und klaren Linienführung, die Formgebung sollte nachvollziehbar sein und alles Unnötige weglassen. Materialität und Farbgebung sind für eine gute Gestaltung immens wichtig und entscheiden über die Wirkung, Ausstrahlung und die Anmutung eines Produktes. Dieser Part ist ein intuitiver Prozess und hier genau die richtige Entscheidung zu treffen, fühlt sich nicht selten als eine große Herausforderung an.
ele-Box
Produktfotos © Christian Schulz (links); Constantin Meyer (mitte, rechts)
EW: echtwert ist ein Ort für inspirierenden Austausch. Wer hat dich zuletzt inspiriert? Und womit?
KM: Es sind meistens Menschen, die mich inspirieren, die etwas Außergewöhnliches umsetzen und mutig sind. Das können Extremsportler sein, Greta Thunberg oder ein junge Frau, die einen alten Polizeibus umbaut und damit durch Canada reisen möchte.
EW: Du lebst in Köln, bist jedoch beruflich stark mit Ostwestfalen verankert. Was schätzt du an der Region besonders?
KM: Auf den ersten Blick wirkt Ostwestfalen ländlich, geschäftig und eher ruhig und zurückhaltend. Aber schaut man genau hin, dann kommen viele Impulse, viele Innovationen und eine gute Mischung aus Bodenständigkeit und Kreativität zusammen, was diese Region wahrscheinlich auch so erfolgreich macht. Es gibt viel zu entdecken in Ostwestfalen, Bielefeld gibt es wirklich und ich mag diese Stadt immer mehr.
EW: Was ist deine liebste Freizeitbeschäftigung und was würdest du jedem empfehlen einmal auszuprobieren?
KM: Ich arbeite viel am Computer und brauche einen sportlichen Ausgleich. Daher verbringe ich im Sommer gerne meine freie Zeit draußen, spiele Tennis, Beachvolleyball oder gehe laufen. Meine große Leidenschaft ist Skifahren und mein persönliches Highlight im Jahr ist eine Woche in die Berge zu fahren.
Was ich empfehlen kann, ist eine Kanutour durch Schweden, morgens auf einer kleinen Insel in einen spiegelglatten See zu springen und Richtung Sonne zu schwimmen. Das vergisst du nie!