Aktuellesechtwert im Interview mit the simple form

4. November 2020by echtwert0

 

Handgefertigte Unikate aus regionalen Hölzern. Annika Gehrke entwickelt formschöne und funktionale Tableware und nutzt dabei ein jahrtausendealtes Handwerk, das Drechseln. Ein Gespräch mit ihr über die Liebe zum Holz, uralte Techniken und ihren persönlichen Antrieb.

 

Annika, erzähl uns doch mal wer du bist, was du machst und was dich antreibt.

Mein Name ist Annika Gehrke, ich bin 24 Jahre alt & lebe in einem kleinen Ort nahe Göttingen. Während meiner Ausbildung und Tätigkeit als Gestalterin für visuelles Marketing habe ich viel nach Vorgabe gearbeitet, mir hat es sehr gefehlt meine eigenen Ideen einbringen und umsetzen zu können. Zudem hat mir schon immer die Arbeit mit den Händen viel Freude bereitet. Mitte 2020 habe ich das Drechseln für mich entdeckt und festgestellt, dass die kreative Arbeit mit Holz meinen Vorstellungen einer erfüllenden Aufgabe sehr entspricht. Ich bin immer wieder fasziniert was aus eigener Kraft und mit meinen eigenen Händen entstehen kann. Welch schöne Kreationen mit recht simplen Techniken, aber hochwertigen Materialien entstehen können. Diese besonderen Hölzer zu entdecken und aus ihnen etwas Neues zu erschaffen, ist immer ein schöner Moment. Zunächst war es gar nicht meine Absicht, ein Label zu gründen, die positive Resonanz hat mich aber überzeugt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

 

Viele deiner Unikate sind gedrechselt. Was macht dieses uralte Handwerk für dich so besonders?

Das Besondere an dem jahrtausendealten Handwerk ist zum einen die Schlichtheit der Maschine und ihrer Funktion. Letztendlich wird ein Stück Holz eingespannt, welches zum Drehen gebracht wird. Es braucht keine komplexe Maschine um stilvolle Unikate zu erschaffen. Zu anderen begeistern mich die unendlichen Möglichkeiten, die ich beim Drechseln habe. Durch die verschiedenen Hölzer und Techniken wird keine Form wie die andere.

 

 

 

 

Woher beziehst du deine Hölzer? Welches Holz magst du besonders?

Meine Hölzer beziehe ich hauptsächlich aus der Region. Ich arbeite eng mit Bauern, Gartenlandschaftsbauern und Förstern zusammen. Oft handelt es sich um Sturmschäden oder Bäume, die zu nah an Wohnhäusern stehen und eine Gefahr darstellen. Oberste Priorität hat es jedoch, dass es sich nicht um Importware handelt. Mir fällt es schwer einen klaren Holzfavoriten zu benennen, besonders gut gefällt mir derzeit das weißschimmernde Holz des Ahornbaumes. Das Holz lässt sich nicht nur wunderbar drechseln, sondern überzeugt mich durch seine minimalistische Schlichtheit.

 

Für manche deiner Schalen nutzt du die alte japanische Technik Shou Sugi Ban. Wie funktioniert es und wofür ist es gut?

Bei dem Shou Sugi Ban Verfahren wird die Oberfläche vom Holz zuerst geflammt, so dass sie leicht verkohlt, danach wird das Holz in Maserrichtung gebürstet. Durch das Bürsten tritt die Maserung des Holzes hervor. Die Maserung, auch bekannt als Jahresringe, entstehen, weil Bäume im Winter härter und im Sommer weicher wachsen. Das weichere, verkohlte Holz wird stärker abgebürstet und die härteren Winterringe bleiben stehen. Nicht nur optisch macht die Shou Sugi Ban Technik einiges her, sie bewirkt auch, dass die Oberfläche widerstandsfähiger ist.

 

Als wir deine handgefertigten Schalen zum ersten Mal in der Hand hatten, waren wir sofort begeistert. Worin liegt die Faszination? Was meinst du?

Jede Schale ist einzigartig. Jedes Holz, jede Form fühlt sich anders an. Zudem verleiht es dem Produkt einen gewissen Wert, zu wissen, woher es kommt und wer es gefertigt hat. Gleichzeitig entsprechen die Schalen mir und meinen Wünschen, ich stehe voll hinter dem Produkt, dem Holz, der Technik, das merken die Menschen. Etwas aus einer Holzschale zu essen ist zudem wärmer und gemütlicher. Vielleicht hat man auch schon eine Assoziation vor Augen, wenn man eine Schale von mir in den Händen hält.

 

 

 

Damit deine wunderschönen Unikate lange halten – hast du Pflegetipps?

Damit man lange Freude daran hat, sollte man den Spülmaschinengang vermeiden. Sonst einfach mit kaltem Wasser auswaschen und nach dem Trocknen gegebenenfalls nachölen. Hierfür eignen sich viele gängige Speiseöle, darunter Olivenöl, Kokosnussöl oder Walnussöl. Am besten jedoch ist Leinöl, da es schnell trocknet und einzieht. Dann geht es ganz einfach: Zunächst säubert man die Schale und lässt sie anschließend trocknen. Dann trägt man das Öl auf, bis das Holz gesättigt wirkt. 5 Minuten einziehen lassen und überschüssiges Öl abtragen. Dann gönnt man der Schale 48 Stunden Ruhe. Fertig.

 

Wofür steht der Name The simple form?

Für regionale, formschöne, handgefertigte Unikate aus Holz. Für meine Faszination für Natur und die naturgegebenen Formen und Farben, für die Echtheit und Einfachheit der Dinge und die Wärme des Holzes. Für Authentizität. Einfachheit ist eine Tugend, heißt es so schön.

 

Dein Atelier liegt ländlich in der Nähe von Göttingen. Was macht für dich das Arbeiten auf dem Land aus?

Ich mag die Ruhe. Man kann sich wirklich auf das fokussieren, was man machen will, nicht auf aufgezwungene, künstliche Begehren und Bedürfnisse. Es gibt mehr unberührte Natur und man hat so auch einen engeren Bezug dazu.

 

Wo findest du Inspiration?

Eigentlich überall. Größtenteils skizziere ich wild vor mir her und manchmal ergeben sich dadurch interessante Formen und Ideen. Auch lasse ich mich von allem was mich umgibt inspirieren, denn im Grunde kann man in allem eine Form sehen, wenn man sich nicht davor verschließt.

 

Was würdest du jedem empfehlen einmal auszuprobieren? 

Surfen, Wellenreiten im Atlantik & manchmal mehr im Jetzt zu leben. Dinge manchmal einfach zu machen, anstelle nur darüber zu reden und natürlich einen Salat in einer Holzschale zu servieren.

 

 

 

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